Was unter Integration verstanden wird

Verstehen wir in Deutschland eigentlich alle das selbe unter dem Begriff „Integration“? 

Zum Einen: Integration ist ein Prozess, der Weg zum Ziel – und nicht das Ziel selbst.

Zum Anderen: Was ist das Ziel am Ende einer erfolgreichen Integration? 

Während die meisten Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund erwarten, dass sie irgendwann akzeptiert werden und sich nicht ständig erkären und rechtfertigen müssen, denken Menschen ohne sogenanntem Migrationshintergrund wiederum, eine erfolgreiche Integration führe letztendlich zur Assimilation der „Neuen“. 

 

Als jemand, der hier geboren wurde, dessen reale Muttersprache Deutsch ist, der protestantisch getauft wurde, der seit dem 10. Lebensjahr die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, der hier Abitur gemacht hat, der seinen Wehrdienst als Obergefreiter der Reserve beendet hat, der eine Ausbildung und ein Studium absolviert hat, als so jemand kann ich jetzt rückblickend sagen, dass all das, was ich vorhin aufgezählt habe, keine Rolle spielt, wenn es um die Frage geht, ob ich ein Deutscher bin. 

„Woher kommst du denn nun wirklich her, weil… man sieht doch, dass du kein Deutscher bist!“

Wer mir diese Frage beim Kennenlernen stellt, der sollte sich selbst fragen, wie sein Bild vom Deutschen aussieht. Denn ich als Person of Color scheine da nicht hineinzupassen.

Und so ist im Jahr 2015 am Ende immer noch allein das Aussehen auschlaggebend dafür, ob hierzulande jemand als Deutsche_r akzeptiert wird oder nicht. Und nicht die Sprache, die Werte, die Bildung oder der Geburtsort. 

Wann ändert sich das?

Ohne Grenze

Flyer Austellung Verbotene Bilder

„Verbotene Bilder“ – eine Ausstellung in den Räumen der nGbK, 18.04.-14.06.2015

 Seit dem 18. April 2015 läuft in Berlin die Ausstellung „Verbotene Bilder“ in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK). Die Ausstellung behandelt das Thema Kontrolle und Zensur in den Demokratien Ostasiens.
Neben Künstlern aus Japan und Taiwan wirken aus Südkorea auch die Künstler Hong Sung-Dam (홍성담) und Sunmu (선무) mit. 

Parallel zur Ausstellung lese ich gerade ein kurzes Porträt zu/Interview mit Sunmu, das der Korea-Verband in der 2014er Ausgabe seiner Zeitschrift Koreaforum herausgebracht hat.

Darin macht Sunmu deutlich, dass er sich weder als Südkoreaner noch als Nordkoreaner versteht. 

Geboren wurde er 1972 in Nordkorea und von der Armee als Propaganda-Künstler ausgebildet. Mit 26 ging Sunmu nach China, um bei Verwandten in China Geld auszuleihen. Seine Rückkehr nach Nordkorea erwies sich dann aber als so problematisch, dass er nach einer vierjährigen Flucht schließlich nach Südkorea gelangte. 

Seine Ausbildung nutzt er nun, um sowohl die nordkoreanische als auch die südkoreanische Seite mit plastischen Bildern zu kritisieren.  Sein Wunsch nach einem vereinten Korea ohne Grenze drückt sich in seinem Künstlernamen „Sunmu“ aus, der „grenzenlos“ bedeutet. Er selbst will gesichtslos bleiben, um seine Familie in Nordkorea zu schützen. 

 Zur Wiedervereinigung sagt er im Interview: 

„Wir kennen uns noch gar nicht gegenseitig, daher benötigen wir nicht das Wort ‚Wiedervereinigung‘, sondern viel eher den gegenseitigen Austausch. Viel wichtiger wird es sein, dass wir uns vorher besser kennen. Erst danach kann man über die Wiedervereinigung diskutieren. Es ist nicht zwingend, über die Wiedervereinigung zu diskutieren, denn wenn wir uns gegenseitig verständigen würden, dann wären wir doch schon so gut wie wiedervereinigt.“ 

(Quelle: Koreaforum 2014, S. 8) 

Sunmu hat vollkommen recht. Und genau so wie er sehe ich das Thema Wiedervereinigung. Bevor es zu ernsthaften Diskussionen über eine Wiedervereinigung kommt, müssen die Menschen auf beiden Seiten erst einmal die Möglichkeit erhalten, sich gegenseitig kennenzulernen. Ohne Einschränkung. 

 Aber weder Nord- noch Südkoreanern ist es erlaubt, die jeweils andere Seite ohne staatliche Genehmigung zu besuchen. Oder sich abseits der Propaganda zu informieren. Sowohl in Nord- als auch in Südkorea kann dies zu Haftstrafen führen. 

 Als im Ausland geborener Koreaner fühle auch ich mich weder dem einen noch dem anderen System verbunden. Und da meine Eltern beide noch in einem Korea geboren wurden, das zwar von Japan besetzt, aber immerhin noch ein ungeteiltes Korea war, verstehen auch diese sich eher als Koreaner denn als Süd- oder Nordkoreaner. Besonders mein Vater, der dort geboren und aufgewachsen ist, wo heute die Grenze verläuft, hat für diese Teilung kein Verständnis. 

 Wenn vor der Wiedervereinigung erst ein Austausch und Kennenlernen erfolgen soll, wären Auslandskoreaner für diese Aufgabe eigentlich prädestiniert. Gerade auch mit der Staatsangehörigkeit der neuen Heimat ausgestattet (und so eher vor rechtlicher Verfolgung in Nord- oder Südkorea geschützt), sollten Auslandskoreaner Nord- und Südkorea besuchen mit dem Ziel, den Austausch auf indirekte Weise anzustoßen. 

Als Auslandskoreaner kennen wir alle den Konflikt zwischen unterschiedlichen Kulturen und Denksystemen. Selbstverständlich machen wir alle dabei unterschiedliche Erfahrungen und kommen zu unterschiedlichen Bewertungen. Wir alle aber wissen, wenn zwei unterschiedliche Gesellschaftsformen in Einklang gebracht werden sollen, geht es nicht ohne Veränderungen. Über die Art der Veränderungen können wir verhandeln. Aber in der Regel werden sie auch vor allem die Menschen persönlich treffen. 

Zu denken, eine Wiedervereinigung ist auch möglich, wenn alles beim Alten bliebe, ist daher vollkommen illusionärisch. Selbst wenn eine Seite „verlieren“ würde, bliebe eine Wiedervereinigung nicht ohne tiefgreifende Folgen für die „Sieger“. Würden sich daher beide Seiten, würden sich die Menschen auf beiden Seiten erst einmal näher kennenlernen, und zwar auf privater und menschlicher Ebene, die Chancen wären erheblich besser, dass sich am Ende eine Gesellschaft formt, in der sich beide Seiten wiederfinden. 

Die Medien, vor allem auch die westlichen Medien, sind nicht in der Lage, das wahre Leben und die Natur der Menschen darzustellen. Das Politische verzerrt die Wahrnehmung.
Aber Auslandskoreaner, die bereits einen Zugang zur koreanischen Geschichte und Kultur mitbringen und womöglich auch die koreanische Sprache beherrschen, können sich ganz anders Nord- und Südkorea annähern. Sie müssten es vielleicht mal einfach häufiger wagen. 

Zeit dazu wäre es. 

Die Ausstellung „Verbotene Bilder“ läuft noch bis zum 14.06.2015 in den Räumen der nGbK, Oranienstr. 25, 10999 Berlin (Nähe Kottbusser Tor), täglich von 12-19 Uhr und von Do-Sa auch bis 20 Uhr. Der Eintritt ist frei. 

Die Zeitschrift Koreaforum kann für 15 Euro (zzgl. Versandkosten) über die Internetseite des Korea-Verbandes bezogen werden.

koreaforum 2014

KOREA forum 2014

Mehr Bildung würde helfen, Rassismus zu begreifen

Die Süddeutsche Zeitung online berichtet heute von einer Anti-Rassismus-Kampagne der IG Metall Bremen: „Umstrittene Kampagne der IG Metall Bremen – Gut gemeint. Nicht gekonnt?“
Das dabei verwendete bildliche Motiv, das schon 25 Jahre alt sei, hat im Internet wohl massive Kritik hervorgerufen. Eine Kritik, die der Geschäftsführer der IG Metall Bremen offenbar nicht nachvollziehen kann.
Weiterlesen

Bleibt alles beim Alten?

„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, Alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
Abert Einstein (angeblich)

Ist schon Wahnsinn, wie das mit angeblichen Zitaten von Prominenten ist.
Der Spruch ist aber schon gut (wie auch die im Blog genannten Abwandlungen). Wir müssen uns halt nur darauf einigen, was das Alte ist, das wir ändern wollen.

Spannend wird es dann, wenn wir erkennen, dass, wenn wir das eine Alte ändern wollen, wir möglicherweise auch das andere Alte, das wir eigentlich gerne behalten wollen, ändern müssen. Besonders spannend wird es, wenn wir feststellen, dass das Alte, das wir ändern wollen, meistens das Alte der anderen ist, während das Alte, das wir behalten wollen, meistens das Alte von uns selbst ist.

Die Hoffnung, dass sich etwas ändert, wenn nur die anderen sich ändern, während ich bleibe, wie ich bin, ist die Art von Wahnsinn, den die meisten leider nicht verstehen.

Bleibt also alles beim Alten?

1989: Was Berlin und Seoul unterscheidet

Zur Zeit ist der Bürgermeister von Seoul (gesprochen: Seo wie in Softdrink und Ul wie in Ulrich), der Hauptstadt Südkoreas, in Berlin. Anlass für den Berliner Tagesspiegel zu berichten, was Berlin und Seoul gemeinsam haben und dabei auch an die Vergangenheit zu erinnern.

Mich erinnert das daran, was Berlin und Seoul 1989 unterschieden hätte:
Berlin hatte die Menschen der DDR mit offenen Armen empfangen.
Seoul hätte die Menschen aus Nordkorea wohl eher zurückgedrängt oder verhaftet.

Weiterlesen